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Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 6. Juni 2013

Holger G. belastet Beate Zschäpe, versucht sich aber selbst rauszureden

Zunächst wurde die ursprünglich geplante weitere Vernehmung von Carsten S. unterbrochen, da die Verteidigung auf die Anwesenheit des Sachverständigen Prof. Leygraf, der Carsten S. im Hinblick auf seine Einstufung nach Jugendstrafrecht begutachtet, bestanden hat.

Dann begann der Senat mit der Vernehmung von Holger G. zur Person. Zu den Anklagevorwürfen wollte Holger G. allein eine Erklärung verlesen und dazu zunächst keine Fragen beantworten.

In dieser Erklärung belastete Holger G. vor allem Beate Zschäpe massiv. Er gab – wie nach der Aktenlage zu erwarten – zum einen die Lieferung einer weiteren Waffe – die nicht Tatwaffe der so genannten Ceska-Serie war – zu. Weiter gab er verschiedene Unterstützungsleistungen für das untergetauchte Trio zu, so etwa die Bereitstellung seiner Identität nebst Ausweispapieren. Dafür traf er sich mehrfach mit Zschäpe sowie Mundlos und Böhnhardt zu so genannten „Systemchecks“, die er aber erst später als solche erkannt haben will. Von der Mordserie, den Bombenanschlägen oder den Banküberfällen will er aber nichts gewusst haben. Es sei alles „völlig normal“ gewesen. Er habe darauf vertraut, dass die Drei mit seinen Papieren keine Straftaten begehen würden.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

„Holger G. hat die objektiven Tathandlungen eingestanden und damit Beate Zschäpe und Ralph Wohlleben erheblich belastet. Wie Carsten S. versucht aber auch Holger G. jegliche eigene Verantwortung für die Morde, Sprengstoffanschläge und Banküberfälle zu verneinen. Insoweit war seine Aussage nicht glaubhaft. Wer eine scharfe Waffe liefert und danach Ausweispapiere zum Leben im Untergrund von drei Menschen, die wegen geplanter Sprengstoffanschläge gesucht werden, zur Verfügung stellt, kann nicht ernsthaft behaupten, dass er davon ausgegangen sei, Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe hätten keine weiteren Straftaten geplant.“

Vor dem Ende der Verhandlung beantragte Rechtsanwalt Scharmer noch, dass zukünftig potentielle Zeuginnen und Zeugen, die sich aus der von der Bundesanwaltschaft geführten Liste mit 129 Personen ergeben, als Zuhörer ausgeschlossen werden. Die Liste beinhaltet Personen, die nach Ansicht der BAW entweder selbst Beschuldigte im Zusammenhang mit dem NSU sind oder aber Kontaktpersonen waren. Der Antrag bezog sich nicht auf Verfahrensbeteiligte mit Schweigepflicht.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

„Es liegt auf der Hand, dass die von der Bundesanwaltschaft ermittelten gesondert Verfolgten oder aber auch schlicht die Kontaktpersonen des Trios als Zeuginnen und Zeugen in Betracht kommen. Denn sie können ggf. Angaben zur Entstehung, Unterstützung oder jedenfalls zur konkreten Lebenssituation von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe im Untergrund machen. Wenn sie als Zuhörer an der Verhandlung teilnehmen dürften, gefährdet das die Authentizität ihrer Aussagen. Das gilt allerdings nicht insoweit, wie ggf. Personen auf der Liste selbst schweigeverpflichtete Verfahrensbeteiligte, beispielsweise Anwälte, sind, weil diese ohnehin nicht vernommen werden könnten. Außerdem möchten wir von der Bundesanwaltschaft wissen, ob sich inzwischen Aktualisierungen dieser Liste ergeben haben.“