NEWS
 

Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 24.07.2013

Gemütliche Kellerrunde mit Zschäpe unterm Hitlerportrait: Der erste Nachbar aus der Frühlingsstraße in Zwickau schildert seinen Kontakt zu Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt.

Der Verhandlungstag begann mit der Vernehmung von Olaf B., eines Nachbarn des Trios aus der Frühlingsstraße in Zwickau. Dieser hatte mit Zschäpe oft in einer Trinkerrunde im Keller oder hinterm Haus zusammen gesessen. Erzählt hätte sie, dass einer der beiden Männer, mit denen sie zusammen wohnt, ihr Freund, der andere dessen Bruder sei. Die beiden Männer würden für eine Autoüberführungsfirma arbeiten, seien oft aus dem Haus gewesen. Zschäpe, alias Lisa Dienelt, sagte, sie arbeite zu Hause am Computer. Es seien oft unterschiedliche Fahrzeuge am Haus gewesen, insbesondere Wohnmobile. Das letzte Wohnmobil habe er dann im Fernsehen brennend in Eisenach gesehen. Meistens Donnerstag sei die vermeintliche Schwester von Zschäpe, die er später auf Fotos als Susan E. wiedererkannte, zusammen mit Mann und Kindern vorbeigekommen. Der Mann sei auffällig tätowiert gewesen, was ihm auch bei einem Foto von Andre E. bekannt vorgekommen sei. Zschäpe sei ihm ganz normal vorgekommen. Sie sei durchaus gesellig gewesen, habe auch von ihrem gemeinsamen Urlaub mit den beiden Männern auf Fehmarn erzählt. Sie habe sich gemeinsam mit ihm über „den Griechen“ - ein griechisches Restaurant befand sich im Haus – aufgeregt, weil der so -„stinken“ würde. Bei der Kellerrunde stand ein Bild von Adolf Hitler auf dem Fernseher. Olaf B. hatte das von seinem verstorbenen Nachbarn „zum Andenken“ mitgenommen und in den Keller gestellt. Er sei auch im Besitz eines Jutebeutels mit einem Hakenkreuz gewesen. Zschäpe habe den Spitznamen „Diddelmaus“ gehabt – wegen ihrem Namen „Dienelt“ und weil sie wie eine Maus ausgesehen habe. Der Polizei habe er durch die Übergabe einer Sektflasche mit den Spuren von Zschäpe geholfen, weil er aus den Medien mitbekommen hatte, dass es auch um einen Polizistenmord ging.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

"Es ist kein Wunder, dass Olaf B. Frau Zschäpe „ganz normal“ vorkam. Denn rechtes Gedankengut war in der Frühlingsstraße in Zwickau mehr als salonfähig. Man traf sich unterm Hitlerbild zum täglichen Trinkgelage. Niemand störte sich daran. Es war einfach für das Trio hier unterzutauchen – denn sie fielen in diesem Umfeld nicht auf. Die Aussage zeigt die perfide Normalität rechten Gedankengutes im Umfeld des Trios. Der Grieche „stinkt“. Der Polizei hilft man wegen des Polizistenmordes, nicht etwa auch wegen der neun ermordeten Migranten oder Deutschen mit Migrationshintergrund. Zschäpe wird durch die Aussage belastet, denn die Anklage wirft ihr gerade die Legendierung der Drei und damit die Organisation des Lebens im Untergrund vor."

Am Nachmittag wurde zunächst ein IT-Auswerter aus Sachsen vernommen, der u.a. die Festplatte von Zschäpes Rechner ausgewertet hatte. Mit dem Account von „Liese“ wurden unter anderem Webseiten mit Informationen über verschiedene Erkrankungen und über Daten auf Krankenkassenkarten durchsucht. Am 04.11.2013 wurde der Rechner um 14:30 Uhr – kurz vor der Explosion - heruntergefahren. Zuletzt wurden verschiedene Nachrichtenseiten, Seiten von Tierheimen und solche, die sich mit Suizid durch Springen vom Dach beschäftigen, aufgerufen.

Anschließend wurde ein Sachverständiger des LKA Sachsen zur Gefährdungsbeurteilung der Explosion mit Brandfolge in der Frühlingsstraße vernommen. Deutlich wurde bei der Gutachtenerstattung die akute Lebensgefährdung für Personen deutlich, die sich in dem Gebäude oder in deren unmittelbaren Umgebung befunden haben. Die Gefahr wurde noch potenziert durch die Munition und die Waffen, die in der Wohnung gelagert wurden. Projektile, so der Sachverständige, die einer offenen Flamme ausgesetzt sind, können zünden und dadurch zu einer Erhöhung der vorhandenen Gefährdung Dritter führen. Der Sachverständige konnte allerdings keine eindeutige Aussage hinsichtlich der Zündquelle treffen. Ein sofortiges Entzünden des ausgeschütteten Kraftstoffes sei zu gefährlich. Außerdem benötige es eine gewisse Zeit, bis sich ein für die Explosion erforderliches Dampf-Luft-Gemisch nach Ausbringung des Kraftstoffes entwickele. Ein Entzünden zu diesem Zeitpunkt wäre wiederum mit einer erheblichen Eigengefährdung verbunden. Auf die Nachfrage, ob Teelichter aus Zündquelle in Betracht kämen – eine Variante, die der durchaus akribische Brandursachenermittler in seinen Ermittlungen für möglich hält -, meinte der Sachverständige, dass dies seiner Auffassung nach unwahrscheinlich sei.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

"Der Sachverständige hat die hohe und akute Gefahr, die für alle, die sich in und vor dem Haus aufgehalten haben, insbesondere für die ältere Nachbarin, bestätigt. Es erscheint besonders zynisch, dass Zschäpe sich lediglich Sorgen um ihre Katzen gemacht haben soll. Diese sollen durch sie in Sicherheit gebracht worden sein. Die akute und lebensbedrohliche Gefährdung für andere Bewohner war ihr offensichtlich egal.“

Hinsichtlich der Frage der Zündquelle für den Brand und die Explosion werden noch weitere Zeugen und Sachverständige gehört werden.

Am Ende des Verhandlungstages wurde eine Zwickauer Zeugin vernommen, die zufällig das Explosions- und Brandgeschehen mitbekommen hatte. Dabei hatte sie Zschäpe getroffen. Diese habe gesagt, sie müsse zurück. Im Haus sei noch ihre Oma. Die Körbe mit den Katzen habe sie auf den Gehweg gestellt. Danach sei sie zurück in die Richtung gegangen, aus der sie gekommen wäre – also nicht in Richtung der benachbarten Doppelhaushälfte – und wäre verschwunden. Überrascht sei sie vom situationsunangemessenen ruhigen - fast entspannten – Gesichtsausdruck und Verhalten von Zschäpe gewesen.