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Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 05.09.2013

Der NSU-Prozess wird nach der Sommerpause fortgesetzt. Holger G. will bis auf weiteres keine weiteren Angaben zur Sache machen.

Zunächst wurde der BKA-Beamte vernommen, der mit dem Angeklagten Holger G. zur Ortsbegehung nach Zwickau gereist war. Dabei ging es um die Identifizierung der ehemaligen Wohnung des Trios in der Polenzstraße. Dort hatte Holger G. nach seinen Angaben eine Waffe im Beisein von Beate Zschäpe an die Drei übergeben. Der Zeitpunkt der Waffenübergabe habe auf vor Juni/Juli 2001 eingegrenzt werden können.

Sodann wurde das Video der Sendung KRIPO Live in Augenschein genommen. Darin wird nach Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gefahndet. Hintergrund war die Kofferbombe, die auf dem Theaterplatz in Jena von Kindern gefunden worden. Industrieller Sprengstoff befand sich in einem roten Koffer, auf dem ein Hakenkreuz angebracht gewesen ist. Die Kinder hielten den Koffer für eine Requisite und trugen ihn ins Theater. Einen Zündmechanismus enthielt die Bombe nach dem Fernsehbericht nicht. In der Sendung wurde das Ergebnis der daraufhin erfolgten Garagendurchsuchung präsentiert: Waffen, Propagandamaterial, Rohrbomben und Sprengstoff.

Zwischendurch fragte der Vorsitzende noch einmal, ob Holger G. bereit sei, ergänzende Angaben zur Sache zu machen. Seine Verteidiger, die vor der Sommerpause noch angegeben hatten, über diese Frage noch einmal eingehend mit ihrem Mandanten zu reden, teilten nun mit, dass bis auf weiteres keine weiteren Angaben zur Sache folgen würden.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

“Holger G. möchte von der Regelung aus § 46b StGB – oft als „Kronzeugenregelung“ bezeichnet - profitieren. Danach kann deutlich milder bestraft werden, wer wesentliche Aufklärungshilfe leistet. Holger G. hat umfangreiche Angaben gegenüber dem BKA gemacht. Er war danach auch aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Im Prozess allerdings hat er – was sein Recht ist – allein eine schriftliche Erklärung von seinem Verteidiger vorlesen lassen, die seinen eigenen Tatbeitrag versucht herunterzuspielen und leider viele Fragen offen lässt. Holger G. läuft insoweit Gefahr, dass der „Strafrabatt“, den er sich durch seine vorherigen Aussagen erhofft hat, durch sein Prozessverhalten jedenfalls deutlich relativiert werden wird. So verstehe ich auch die nachhaltigen Nachfragen des Vorsitzenden, ob Holger G. nicht doch bereit ist, sein Verhalten zu ändern. Über die Motive von G. kann insoweit nur spekuliert werden. Naheliegend erscheint, dass Holger G. im Rahmen einer kritischen Befragung Details offenbaren würde, die ihn stärker belasten, als zuvor.“

Im Anschluss wurden die Bilder der VIVA-Kamera aus Köln angeschaut. Durchs Bild laufen zwei Männer, die zumindest große Ähnlichkeit mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt haben und später auch von mindestens einer Zeugin wiedererkannt worden sind. Einer der beiden schiebt mit Handschuhen zunächst ein Fahrrad mit einem auf dem Gepäckträger montierten Koffer in Richtung Keupstraße. Der andere folgt ohne Handschuhe mit den zwei mutmaßlichen Fluchtfahrrädern in die gleiche Richtung.

Danach sahen sich die Prozessbeteiligten noch einige Videosequenzen und Fotos an, die Anwohner und Presse vom Brand und von den Löscharbeiten in der Frühlingsstraße in Zwickau gemacht hatten und hörten sich die eingegangenen Notrufe dazu an.

Die Lücken, die urlaubsbedingt bei den geplanten Zeugenvernehmungen entstanden sind, wurden mit der prozessual notwendigen Verlesung von Unterlagen gefüllt. Insbesondere ging es dabei um die Vorstrafen von Wohlleben.

Am Nachmittag hörten wir eine Zeugin, die am Tatort in Nürnberg, an dem Ismail Yasar erschossen wurde, zur Tatzeit zwei Männer in schwarzer Kleidung mit Fahrrädern gesehen hat und kurze Zeit später Schussgeräusche wahrnahm. Nachdem in ihrer ersten Vernehmung noch von der Polizei eine Personenbeschreibung „Vom Typ her Südländer“ aufgenommen wurde, meldete sich die Zeugin dort von sich aus am nächsten Tag und teilte mit, dass der eine Mann allein eine „gebräunte Gesichtshaut“ hatte. Das sei, so die Zeugin in ihrer heutigen Vernehmung, für sie etwas anderes als ein „Südländer“.