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Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle vom 8. Oktober 2013

Der Hauptverhandlungstag begann mit der Vernehmung eines BKA-Beamten, der mit der Auswertung des NSU-Bekennervideos beauftragt gewesen ist. Der Zeuge berichtete über den Inhalt des Videos und den Bezügen zu den Taten des NSU. Ein besonderes Augenmerk legte er auf den Umstand, dass bei drei der von dem NSU verübten Morde Fotoaufnahmen in dem Video verwendet worden sind, die keine polizeilichen Tatortaufnahmen darstellen, sondern nur durch die Täter gefertigt worden sein konnten.

Danach wurde der Zeuge Thomas D. gehört, der Nachbar der letzte Woche gehörten Zeugen Vera A. aus Dortmund gewesen ist, die 2006 auf dem gemeinsamen Hof Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gesehen haben will. Der Zeuge D. bekundete wenig überraschend, dass er die Drei nicht kenne und diese auch nicht auf seinem Hof gewesen seien. Bei den Personen, die von der Zeugin Vera A. gesehen worden sein sollen, könne es sich um seinen Schwager, seinen Neffen, seine Frau und/oder seine Schwester gehandelt haben.

Auf Nachfrage aus der Nebenklage nach Bezügen zur rechten Szene sagte der Zeuge Thomas D. aus, dass ihm niemand aus dieser Szene bekannt sei und er niemanden dieser Szene zuordnen würde. Er sei zwar früher manchmal zum Fußball begangen, die Borussenfront und Siegfried Borchardt kenne er zwar; wenn aber aus dem Block etwa "Zick Zack Kanackenpack" gerufen worden sei, dann sei das nicht gegen ethnische Minderheiten gerichtet gewesen, sondern gegen die gegnerische Mannschaft. Sein einer Neffe hätte zwar auch so ein paar Ansichten, rechts sei er aber nicht. Auch sein anderer Neffe nicht. Dass sich dieser für die Freiheit von Horst Mahler und Ralf Wohlleben einsetze, sei ihm nicht bekannt.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

"Die Vernehmung von Thomas D. belegt eindrucksvoll die Alltäglichkeit von rechten und rassistischen Einstellungen in der Gesellschaft. Obwohl Thomas D. offensichtlich Kontakte zu Personen mit rassistischen Positionen hat, werde diese nicht als solche benannt."

Anschließend wurden noch die Zeugin Vera D., die Ehefrau von Thomas D., vernommen, sowie Zeugin Tanja D., die kurz nach dessen Ermordung durch den NSU das Tatopfer Tasköprü aufgefunden hat.

Fortgesetzt wurde die Beweisaufnahme mit der Vernehmung einer Polizeibeamtin, die eine der im Brandschutt der Frühlingsstraße aufgefundenen Festplatten ausgewertet hat. Neben diversen Videosequenzen, die für das NSU-Bekennervideo Verwendung fanden bzw. finden sollten, fanden sich auf der Festplatte auch private Fotos von der Ehefrau des Angeklagten André Eminger, sowie diverse Einladungskarten an Bekannte und Verwandte zum "Jul-Fest", die mit Runen und Hakenkreuzen "verziert" waren. Außerdem befand sich in dem Ordner noch eine Einladung zu einer Besichtigung der Burg Schönfels in der Nähe von Zwickau, in dessen Anschluss noch HJ-Lieder, "wie es sich für Nationalsozialisten gehört", gesungen werden sollten. Die angegebene Kontakttelefonnummer lief auf den Vater des Angeklagten André Eminger.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

"Die Bilder belegen, wie alltäglich nationalsozialistisches Gedankengut und Symbolik in Teilen der Gesellschaft ist und auf wie wenig Widerspruch Äußerungsformen dieser Ideologie stoßen."

Abschließend wurden noch zwei weitere Polizeibeamte gehört, die mit der Auswertung von Sequenzen des NSU-Bekennervideos beschäftigt waren.