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Pressemitteilung der Nebenklägervertreter Rechtsanwalt Scharmer und Rechtsanwalt Stolle vom 10. Oktober 2013

Vernehmung des Angeklagten Carsten S. wird fortgesetzt. Nebenklage stellt Antrag zum ideologischen Hintergrund des NSU.

Der 45. Hauptverhandlungstag begann mit der Vernehmung desjenigen Polizeibeamten, der die Nachbarin von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in der Frühlingsstraße, Frau E., vernommen hat. Da die Nachbarin selbst aufgrund ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes nicht nach München reisen konnte, sollte der Polizeibeamte zu den Umständen der polizeilichen Vernehmung v. 11. November 2011 gehört werden. Dem hat die Verteidigung von Zschäpe widersprochen und beantragt, die Hauptverhandlung am Wohnort der Zeugin durchzuführen, hilfsweise die kommissarische Vernehmung der Zeugin durch einen beauftragten und ersuchten Richter. Der Senat hat zunächst mit der Vernehmung des Polizeibeamten zum Gesundheitszustand der Zeugin zum Zeitpunkt der Vernehmung begonnen und die Klärung der Frage, ob und wenn ja wann und wie eine Zeugenvernehmung der Frau E. durchgeführt werden kann, zurückgestellt.

Der Vernehmungsbeamte bekundete, dass ihm Frau E. als sehr gebrechlich erschien, aber als geistig fit. Zum Inhalt der Vernehmung wurde der Zeuge nicht befragt, da abgewartet werden soll, ob nicht doch noch eine Vernehmung der Zeugin E. durchgeführt werden kann. Seine Vernehmung wurde deswegen zunächst unterbrochen.

Anschließend wurde der Angeklagte Carsten S. von der Verteidigung von Ralf Wohlleben befragt. Zunächst ging es um seine Aufnahme in das Zeugenschutzprogramm, möglichen Leistungen, die der Angeklagte Schulze darüber erhalten hat, um die Frage der Überwachung damals in der Szene, der Beschreibung der Waffe, die er besorgen sollte und dessen Preis. Dann ging es u. a. weiter um die genauen Gegebenheiten der Übergabe der Waffe in Chemnitz an die beiden Uwes, die Hinfahrt und den Kauf der Waffe. Ein weiterer zentraler Punkt war die Frage der Identifizierung der Waffe durch Carsten S. Bei der Befragung beschreibt Rechtsanwalt Klemke den Vater des Neffen von Carsten S., der aus Ghana stammt, als "nicht rein deutschen Blutes". Neue Erkenntnisse ergab die Befragung nicht.

Abschließend wurde von Rechtsanwalt Stolle der Antrag erstellt, eine u. a. von Wohlleben erstellte "Zeitung" namens "Geburtstagspost", die anlässlich des 23. Geburtstages von André K., einem weiteren Mitglied der Kameradschaft Jena und des Thüringer Heimatschutzes, erstellt worden ist, in Augenschein zu nehmen und zu verlesen. In dieser "Zeitung" wird von u. a. einem von Mundlos, Zschäpe und Böhnhardt nach dessen Abtauchen verübten Anschlag auf eine Justitia-Statue und einer von André K. erstellten "Todesliste", auf der sich acht Personen befanden, berichtet. Weiter heißt es in dem "Artikel", dass die Kameraden vom Thüringer Heimatschutz bereit stünden, falls André K. sein "Werk" nicht vollenden könne. Ein weitere Artikel berichtet von einem 1jährigen "Ralf W.", der schon als Baby auf einen "Neger, der auf einem Straßenfest mit Drogen dealte", geschossen habe.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

"Die Beweiserhebung belegt eine verfestigte rassistische und rechtsextremistische Weltanschauung des Angeklagten Wohlleben und seines politischen Umfeldes, wozu u. a. Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe und Gerlach gehören bzw. gehörten. Sie belegen außerdem die Bereitschaft der genannten Personen, sich zur Durchsetzung ihrer ideologischen Ziele terroristischer Mittel bis hin zum Mord zu bedienen."