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Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 10.12.2013

Die "Lisa" aus der Polenzstraße

Der Verhandlungstag begann mit der Vernehmung einer ehemaligen Nachbarin des Trios aus der Polenzstraße in Zwickau. Die Frau wollte sich offensichtlich bewusst an wenig erinnern und reagierte pampig, wenn ihr der Vorsitzende oder Nebenklageanwälte entsprechende Vorhalte aus ihrer Vernehmung bei der Polizei machte. Sie habe soviel vergessen und außerdem andere Sorgen als ihre Aussage hier.

Sie habe einen guten Kontakt zu Zschäpe, die sie unter Susanne Dienelt, Spitzname Lisa, kannte, gehabt. Eigentlich wisse sie über Zschäpe aber nichts. Sie sei eine „einfache Hausfrau“ gewesen. Mit den beiden Männern habe sie bis auf einen kurzen Gruß keine Gespräche geführt. Die seien öfter mit ihren Fahrrädern unterwegs gewesen.

Zschäpe sei mit allen Leuten aus dem Haus in Kontakt gewesen. Ansonsten habe sie noch eine tätowierte Freundin Susann aus Planitz, Mutter zweier Kinder, gehabt. Sie habe immer gedacht, sie lebe nur mit einem der Männer zusammen und der andere sei nur ab und zu zu Besuch. Der habe sich auch immer bedeckt gehalten und sei schnell weg gewesen. Zu dem anderen Mann habe Zschäpe erzählt, dass sie seit 19 Jahren mit ihm zusammen sei und eine intakte Beziehung führe. Dieser arbeite in der Firma seines Vaters und verdiene sehr gut, so dass sie selbst nicht arbeiten müsse. Ein Leben, wo sie jeden Pfennig umdrehen müsste, könne sie sich nicht vorstellen.

Der Keller sei mit zwei Türen extra gesichert gewesen. Die Männer hätten dort öfter hantiert. Zweimal habe sie auch gesehen, wie die Drei ein Wohnmobil ausgeladen haben. Hinten dran hatten sie die Fahrräder montiert. Das letzte mal am 1.11.20122 als sie Zschäpe sah, habe diese angespannt gewirkt, Tränen in den Augen gehabt und ausnahmsweise auch keinen Wein mitgebracht.

Ihr Sohn habe sich auch mal für die rechte Szene interessiert. Als er anlässlich einer Berichterstattung über eine rechte Demo gesagt habe, dass es schade sei, dass er nicht da gewesen wäre, hätte Zschäpe gesagt, er solle sich davon fernhalten, sie habe damit auch Erfahrungen gemacht und habe mit einem halben Bein im Knast gestanden. Dass ihr Sohn später noch im Fernsehen die Taten des NSU verharmlost hat und meinte, dass Zschäpe doch nichts damit zu tun habe, wäre halt seine Meinung und hätte doch nichts mit „rechts“ zu tun.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

“Man musste der Zeugin die Antworten förmlich aus der Nase ziehen und dann reagierte sie laut und in der Regel auch frech. Sie erklärte, dass sie andere Probleme habe, als hier auszusagen. Dass es um 10 ermordete Menschen geht und es auch auf ihre Aussage ankommt, sah die Zeugin nicht. Die Zeugin war nicht nur unverschämt gegenüber dem Gericht und den Nebenklageanwälten. Ihr fehlte auch jegliche Empathie für die hingerichteten Opfer des NSU. Es verwundert nicht, dass das Trio in Umgebung solcher Nachbarn nicht aufgefallen ist.“

Im Anschluss hörten wir einen Mann, der eine Wohnung im Februar 2011 an Andre E. und seine Frau vermietet hatte. Beate Zschäpe war bei der Wohnungsbesichtigung dabei. Beim Umzug habe er auch Uwe Böhnhardt erkannt, der die ganze Zeit neben ihm gestanden habe und aufgepasst habe. Im November 2011, als erste Vorwürfe gegen das Paar aufkamen, habe er sie dazu befragt. Sie hätten das aber beschwichtigt. Andre E. sei früher mal in der Skinheadszene gewesen. Das wäre jetzt aber alles vorbei. Einen Tag vor der Festnahme von E. hat er den Mietvertrag gekündigt.

Zuletzt hörten wir den Sohn der am morgen vernommenen Nachbarin von Zschäpe. Er erklärte, dass er einmal Ärger in der Schulde wegen einer indizierten CD mit Nazimusik bekommen habe. Seine Mutter habe das Zschäpe erzählt. Sie habe gesagt, er solle sich von der rechten Szene fernhalten, sie habe selbst schon mit einem Bein im Knast gestanden.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

“Wenn es stimmen sollte, dass Zschäpe dem Sohn der Nachbarin geraten habe, er solle sich von der rechten Szene fernhalten, sagt das nichts darüber aus, wie sie, Böhnhardt und Mundlos sich selbst zur Szene verhalten haben. Vielmehr ging es Zschäpe darum, Auffälligkeiten im Wohnhaus und polizeiliche Ermittlungen dort zu vermeiden. So hat sie auch maßgeblich dazu beigetragen, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen wegen des Verdachts der Verursachung des Wasserschadens eingestellt wird. Noch nicht einmal den Schaden hat Zschäpe geltend gemacht. Man wollte nicht riskieren, dass der Unterschlupf auffliegt. Jede polizeiliche Ermittlung war deshalb zuviel.“

Der Zeuge habe gegenüber Zschäpe geäußert, dass er was gegen Ausländer habe, „die nach Deutschland kommen, nicht arbeiten nur Staat Geld kassieren würden“. An seine Aussage bei der Polizei, dass Zschäpe dem zugestimmt und sich mit ihm auch über die NPD unterhalten habe, wollte er sich zunächst nicht erinnern, weil er das alles „verdrängt“ habe. Erst nach hartnäckigen Vorhalten erklärte er, dass das wohl schon so sein könnte. Dass die Opfer des NSU eine Entschädigung erhalten haben, finde er „asozial“, das hätten andere doch eher verdient.

Frau Zschäpe würde er diese Taten nicht zutrauen. Die wäre so menschlich zu ihrer Mutter gewesen, habe einmal nach einem Streit einen Blumenstrauß und eine Flasche Wein vorbei gebracht.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

Der Zeuge will sich einerseits genau daran erinnern, dass ihm Zschäpe vor über 6 Jahren geraten habe, sich von der rechten Szene fernzuhalten, meint andererseits aber, nach 2 Jahren verdrängt zu haben, dass sich Zschäpe rassistisch geäußert hat – das ist nicht glaubhaft.