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Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 08.01.2014

Alexander S. schildert die „nationalsozialistische Einstellung“ von Holger G.

Zum ersten Fortsetzungsverhandlungstag im Jahr 2014 waren die Zeugen Sylvia S. und ihr Mann Alexander S. geladen. Sylvia S. war bereits lange vernommen worden und hatte sich immer weiter in Widersprüche verwickelt. Klar ist, dass sie ihre Krankenkassenkarte gegen Geld an Holger G. weitergegeben hat. Die Karte wurde später in der Wohnung des Trios in der Frühlingsstraße in Zwickau sichergestellt. Zschäpe soll sie genutzt haben.

Alexander S. antwortete meist einsilbig. Er erklärte Holger G. habe bei einem „feuchtfröhlichen Abend“ seine Frau gefragt, ob sie für 300 € ihre Krankenkassenkarte verkaufen würde. Das hätte sie dann getan. Es wäre alles sehr schnell gegangen. Sie hätten sich keinerlei Gedanken über die Verwendung der Karte gemacht. An mehr erinnere er sich nicht. Er habe sich die Zeiträume im Nachhinein zusammen konstruiert. Dazu habe er Rechtsanwalt Hachmeister, den Verteidiger von Holger G., angerufen, da er wissen wollte, ob die Vorwürfe gegen ihn und seine Frau inzwischen verjährt wären. Dieser habe ihm erklärt, dass die Karte das erste Mal 2006 eingesetzt worden sei, deshalb wären die Vorwürfe des „Sozialversicherungsbetruges“ verjährt. Holger G. habe damals intensiv Amphetamine konsumiert und häufig Ausfallerscheinungen gezeigt. Am Ende eines abends sei er hibbelig gewesen, habe viel geredet und sich nicht nicht konzentrieren können.

Holger G. habe er in Hannover um das Jahr 2000 auf einer Geburtstagsfeier kennengelernt. Sie wären dann gemeinsam auf rechte Konzerte und rechte Demos gegangen und hätten sich mit der Zeit angefreundet. Alexander S. sei in Hildesheim in einer Kameradschaft aktiv. Holger G. war ab und zu mit unterwegs. Sie hätten damals eine nationalsozialistische Einstellung gehabt. Sie hätten die Gesellschaft in diese Richtung entwickeln wollen. Auf mehrfache Fragen, was die konkreten politischen Ziele und Themen gewesen seien, wich der Zeuge immer wieder aus und reagierte teilweise auch patzig etwa mit „Ich hab nicht Buch geführt“ oder „ich hatte keine konkreten Ziele“.

Inzwischen habe seine politische Einstellung aber seine Lebensrealität überholt. Er habe später nämlich auch Ausländer im Bekanntenkreis gehabt und mit Juden zusammen gearbeitet. Daher sei „Fremdenfeindlichkeit“ und der „nationale Gedanke“ nicht mehr zeitgemäß gewesen.

Holger G. sei auch ein Rechter gewesen. Er habe sich oft „fremdenfeindlich“ geäußert, sei der Meinung gewesen, dass es zu viele Ausländer in Deutschland geben würde. Er habe ein „ausgeprägtes Nationalgefühl“ gehabt. Auch seine engsten Freunde seien in der rechten Szene gewesen. Etwa Wohlleben habe er auch mal auf einer Geburtstagsfeier von Holger G. im „Braunen Haus“ in Jena kennengelernt.

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:

“Wieder einmal präsentierte sich ein Zeuge – nach eigenen Angaben ehemals – aus der rechten Szene als besonders zäh in seiner Vernehmung. Jedenfalls konnte in mühevoller Kleinarbeit herausgearbeitet werden, dass sowohl der Zeuge, als auch Holger G. eine „nationalsozialistische Einstellung“ hatten. Die Aussage war allerdings auch davon geprägt, Holger G. als freundschaftlich und möglichst ahnungslos darzustellen. Der Zeuge hatte sich mehrfach - mindestens drei mal - nach Mai 2012 mit dem Angeklagten Holger G. getroffen – jeweils unter den Augen des Zeugenschutzes – um u.a. über das laufende Verfahren und auch seine Aussage zu sprechen. Auch steht er im telefonischen Kontakt mit ihm. Bislang war allein von einem Treffen die Rede gewesen. Es ist offensichtlich, dass sich Holger G. im Wissen des BKA mehrfach mit Zeugen aus dem laufenden Prozess getroffen hat. Das steht diametral den Interessen des Zeugenschutzes entgegen. Wir werden die Rolle des BKA-Zeugenschutzes und dessen Einfluss auf die Aussagen in diesem Verfahren dringend näher beleuchten müssen.“