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Pressemitteilung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Stolle und Scharmer vom 25.02.2014

Auf die Namen “Holger G.“ und „André E.“ wurden über Jahre hinweg Wohnmobile angemietet, auch in Zeiträumen der Morde des NSU.

Die Bundesanwaltschaft will die Vernehmung von ehemaligen Kollegen der ermordeten Polizistin Michéle Kiesewetter im Gericht verhindern.

Am Beginn der heutigen Verhandlung berichtete die Inhaberin einer Wohnmobilvermietung, dass ein Holger G. über Jahren lang Wohnmobile gemietet habe. Der wäre ganz unauffällig gewesen. Das habe man dem alles gar nicht zu getraut. Die Wohnmobile wären ja auch immer „sauber bei der Rückgabe“ gewesen. Nur einmal – im April 2007 – kam das Fahrzeug zu spät und schmutzig zurück.

Bei der Wahllichtbildvorlage konnte sie zwischen Holger G., Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nicht unterscheiden, meinte aber, dass es diese Person gewesen sein müßte.

Wir nahmen zudem alte Vertragsunterlagen in Augenschein, aus denen sich ergibt, dass auch ein „André E.“ Wohnmobile bei ihr angemietet hat.

Im Anschluss wurde eine Beamter des PP Kassel vernommen, der von einer Vernehmung eines Tatzeugen aus dem Kasseler Internetcafe berichtet hat. Der Zeuge, den er damals vernommen hat, ist in den Irak verzogen und nicht mehr erreichbar. Laut Angaben des Polizeibeamten soll der Zeuge in seiner noch am Tattag durchgeführten Vernehmung angegeben haben, dass er eher zufällig an dem Tag in dem Internetcafe gewesen sei, um zu telefonieren. Die Kabine, die er benutzt habe, sei im Vorderraum des Cafes gewesen und mit großformatigen Plakaten verhängt gewesen. Bei Telefonieren habe er drei Knallgeräusche gehört haben, wovon sich eins wie das Platzen eines Luftballons und ein anderes, wie wenn etwas herunter fällt, angehört. Er habe dann durch einen Spalt aus der Kabine in den Raum hineingeschaut und dabei einen großen, kräftigen, mit heller Kleidung bekleideten Mann gesehen, der nach seiner Wahrnehmung das Café gerade verlies. Nach Beendigung des Telefonates habe er in dem Café den Betreiber gesucht und nicht gefunden. Er habe dann gewartet. Erst als der Vater des Mordopfers ins Café kam und hinter den Tresen ging, wurde die dort liegende Leiche entdeckt.

Nach der Mittagspause wurden die Polizeibeamten, die den Zeugen Andreas S. vernommen haben, angehört. Andreas S. hatte zwar im Ermittlungsverfahren ausgesagt; in einem früheren Hauptverhandlungstermin allerdings von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht, da er sich ansonsten selber belasten würde. Deswegen wurden die Inhalte seiner damaligen Aussage durch Anhörung der damaligen Vernehmungsbeamten eingeführt. Andreas S. war damals Inhaber des rechten Jenaer Szeneladens Medley, in dem 1999/2000 die jetzigen Angeklagten Ralf Wohlleben und Carsten S. die Ceska, mit der die neun rassistischen Morde begangen worden sind, gekauft haben. Wohlleben und Carsten S. sollen nach den damaligen Angaben des Zeugen Andreas S. in dessen Laden gekommen sein und nach einer scharfen Waffe gefragt haben. Er, Andreas S., habe dann zu einer Person aus dem ehemaligen Jugoslawien Kontakt aufgenommen und die Waffe besorgt und dann an Carsten S. für 2.5000,00 DM verkauft. Dabei soll es sich um ein kleineres Kaliber als 9 mm gehandelt haben. Auf der Waffe soll etwas "tschechisches" oder etwas mit kyrillischer Schrift gestanden haben. Nach der Erinnerung des Polizeibeamten habe der Zeuge S. nicht alles damals gesagt, was er noch wisse. Erinnerungslücken, die der Zeuge Andreas S. geltend gemacht habe, seien vorgeschoben, so der Vernehmungsbeamte weiter.

Im Anschluss wurde noch durch eine BKA-Beamtin um eine weitere Vernehmung von Andreas S. Gegenstand dieser Vernehmung war der Kontakt zu der ehemaligen Frau des Bruders von Uwe Böhnhardt. Die Vernehmung hat keine weiteren für das Verfahren relevante Erkenntnisse ergeben.

Zum Schluss hat die Bundesanwaltschaft noch Stellung genommen zu zwei Beweisanträgen der Nebenklage zum Fall Kiesewetter. In Bezug auf den Antrag, die Polizeibeamten zu vernehmen, die Auskunft darüber geben können, wer alles von dem Einsatz von Arnold und Kiesewetter wussten hat die BAW beantragt, die Anträge zurückzuweisen, weil die Vernehmung der Zeugen keinen Nachweis über die Täterschaft Zschäpeds bringen können und eine Beteiligung seitens Angehöriger der Polizei nur reine Spekulation sei.

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:

"Die Bundesanwaltschaft zeigt damit zum wiederholten Mal, dass sie an einer Aufklärung nicht interessiert ist. Der Beweisantrag zielte erkennbar auf die Ermittlung des Tatmotivs. Dafür ist es erforderlich zu wissen, ob die Beamten durch die Täter gezielt ausgesucht worden sind oder die Tat auf Angehörige einer bestimmten Polizeieinheit oder auf Polizeibeamte im Allgemeinen abzielte. Dafür ist es wichtig zu wissen, wer vorher Kenntnis von dem Einsatz und der Einteilung von Kiesewetter und Arnold für den Einsatz hatte. Dazu muss natürlich auch innerhalb der Polizei ermittelt werden."

Abschließend hat die BAW noch Stellung genommen zu dem Verwertungswiderspruch der Verteidigung Zschäpe zu den Erkenntnissen aus der Durchsuchung der 1998 von der Angeklagten Zschäpe genutzten Wohnung in Jena.